Dennis und Patrick Weinert sind mit ihrem Rohschnitt Durch unsere Linse zu Gast bei der doku.klasse. Da die Gruppe in Duisburg ist und die Brüder in Vietnam, diskutieren und sprechen wir dieses Jahr per Skype. Mit einem Lächeln brechen die Filmemacher direkt am Anfang das Eis: „Ihr habt jetzt direkten Einfluss darauf, dass der Film noch besser wird, als er ist.“ Mit soviel Vertrauen und ganz ohne technische Probleme findet wie gewohnt ein Austausch zwischen jungen Filmemacher*innen und Jugendlichen statt.
Dennis und Patrick Weinert, die als Fotografen und Filmemacher die Welt bereisen, produzierten in den letzten fünf Jahren vor allem Reportagen in Krisengebieten. Für das Y-Kollektiv, ein YouTube Kanal von Funk, waren sie unter anderem schon in Afghanistan, Bangladesch, Dubai und in der Zentralafrikanischen Republik unterwegs. Durch den neuen Film soll ein Blick zurückgeworfen werden. „Um uns selbst besser zu verstehen, ist es vielleicht an der Zeit diesmal die Kamera auf uns zu richten“, erklären die beiden. Die größte Herausforderung dabei: Gleichzeitig Filmemacher und Protagonist sein. Die Klasse denkt, dass ein objektiver Blick an mancher Stelle hilfreich gewesen wäre, ist aber beeindruckt von der Offenheit der Brüder. Die Idee, vielleicht doch noch einen Dritten für den Schnitt oder für eine erneute Sichtung des Archivs hinzuzuziehen, wird von den beiden positiv aufgenommen.
Dennis und Patrick wollen von der Klasse wissen: „Wie können wir Gesprächssituationen zwischen uns zeigen, ohne dass sie dabei inszeniert wirken?“ Hier sind sich die Jugendlichen einig, dass es unproblematisch ist, diese Schwierigkeit im Film transparent zu machen. Vorgeschlagen wird eine Gesprächssituation am Schneidetisch aufzunehmen und im Film zu zeigen. Diese Idee hatten die Brüder zu Beginn der Produktion auch schon. Sie wurde zwar „nicht verworfen, aber vergessen“, offenbaren die Zwei.
Da der Film wechselnde Sequenzen von Vergangenheit und Gegenwart zeigt, präsentiert „Durch unsere Linse“, neben Videos aus der Kindheit, auch Material aus ihrem Filmarchiv. Eine Teilnehmerin merkt an, dass obwohl es in diesem Film um die Brüder selbst geht, die Probleme und Notsituationen der Gezeigten nicht untergehen dürften. Im Austausch mit den Zweien wird deutlich, dass sie sich der Gradwanderung bewusst sind und dieser Film zwar dokumentarisch, aber frei von ihrem bisherigen journalistischen Fokus umgesetzt wurde. Der offene Umgang mit sehr persönlichen Erfahrungen während ihrer Reisen sorgt insgesamt für Begeisterung.
„Warum machen wir das?“ war die Frage, die sich im Exposé zum Film herauskristallisierte. Dafür bietet der Film zwei Erklärungen. Zunächst sind die Beiden auf der Suche nach Intensität, sie verstehen ihren Job aber auch als wichtige gesellschaftliche Aufgabe. „Erst allmählich kommen diese Antworten auf“, meint Dirk Uhlig. „Wichtig war der langsame Einstieg, aber das eigentliche Thema des Films kommt dann spät.“
Interessiert sind die Jugendlichen vor allem an der Beziehung zwischen den Brüdern. „Da muss es doch mal Konflikte geben.“, so eine Teilnehmerin. Obwohl das Thema Identität im Film oft angeschnitten wird, bleibt es meist eher skizzenhaft. Was macht es mit einem, wenn man sich nach der Schule gemeinsam als Krisenreporter in die Welt stürzt? Es folgt ein Austausch darüber, was man vielleicht doch noch zeigen könnte. Die Brüder schreiben fleißig Notizen.
Text: Pia Nelles