Atelier

Perspektiven einer Privilegierten

doku.klasse

Die doku.klasse mit Eva Hausberger zu ihrem Projekt „Maria Luisa“

Eine Millionärstochter, die Flüchtlinge rettet. Die Geschichte ist wie gemacht für die Medien. Entsprechend groß war der Hype um die 19-jährige Maria Luisa und ihre Familie, die 2014 ein Schiff kauften und seither von Malta aus Hilfseinsätze auf dem Mittelmeer fahren. Die junge Frau empfinde die Betitelung „Millionärstochter“ als Stigmatisierung, erzählt Eva Hausberger, die Maria Luisa besucht hat. Sie wolle ihr Geld lieber mit Bedürftigen teilen – wisse auf der anderen Seite aber sehr wohl auch die materiellen Vorzüge ihres Milieus zu schätzen. Diese Diskrepanz zwischen Helfen und High Society ist ein wesentlicher narrativer Baustein des Films für Hausberger. Dass Maria Luisa entgegen ihrer ursprünglichen Absicht mittlerweile zum Studieren nach London gezogen ist, ist für die österreichische Regisseurin kein Problem. Im Gegenteil. London als globales Finanzzentrum stehe für die Kluft zwischen Arm und Reich und eigne sich daher ebenfalls als Basisstation für die Erzählung. Spannend sei, ob Maria Luisa auch von London aus weiterhin so aktiv in der Flüchtlingshilfe bleibe.

Im Workshop tauchte die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Protagonistin Maria Luisa auf. Ob sie ihr Engagement nicht auch als Bühne für ihre Selbstinszenierung benutzt. Hat dich das überrascht?
Nein, überhaupt nicht. Es gibt diesen großen Wunsch nach Glaubwürdigkeit, gerade unter jungen Menschen. Und im Falle von Maria Luisa ist die Frage ja nicht von der Hand zu weisen. Sie weiß, sich zu präsentieren. Aber eine gewisse Form von Selbstinszenierung liegt auch in der Natur der Sache. Es geht darum, Gelder für die Hilfsorganisation zu generieren. Und Maria Luisa ist das perfekte Gesicht für eine solche Kampagne. Ich möchte im Film beide Seiten von ihr zeigen: die sympathische und die selbstinszenierende.

Das Flüchtlingsthema ist zur Zeit omnipräsent. Hattest du Bedenken, in der doku.klasse einer gewissen Übersättigung zu begegnen?
Nein, und das war ja auch nicht der Fall. Die Teilnehmer waren vielmehr ein wichtiges Regulativ herauszufinden, was noch geht und was vielleicht nicht mehr. Also wo die Emotionen bedient sind und das Mitleid aufgebraucht ist. Ich fühlte mich danach bestärkt, dass ich mit meinem Fokus auf das Thema – aus der Perspektive einer Privilegierten – noch einmal einen anderen Zugang habe, der die Leute interessiert.

Eine Debatte entbrannte um die Frage, ob Flüchtlinge im Film zu sehen sein sollen. Es war von einer möglichen Instrumentalisierung dieser Menschen die Rede, um die Fallhöhe zwischen Maria Luisas Luxusleben und der Not der Geretteten zu illustrieren. 
Ja, man muss mit diesen ikonografischen Bildern von Flüchtlingen aufpassen. Das machte für mich die Debatte noch einmal deutlich. Die Bilder sind im Kopf, man muss sie gar nicht mehr unbedingt zeigen. Man läuft ansonsten schnell Gefahr, das Thema unnötig zu emotionalisieren, wie ein Teilnehmer richtig anmerkte. 

Wie hast du den Workshop insgesamt empfunden?
Als interessant und inspirierend. Wir hatten ein sehr fundiertes und intensives Gespräch. Für mich war es auch interessant zu sehen, an welchen Stellen im Treatment die „Schüler“ besonders hängengeblieben sind oder wo sie den Faden verloren haben. Was mich beeindruckt hat, war, wie gut alle vorbereitet waren. Noch nie wurde ein Konzept von mir dermaßen durchanalysiert!

 

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