Kritik der reinen Vernunft

Ohne Worte

doku.klasse

Eine Filmkritik von Matthias Pytlik zu Kristina Konrads Dokumentarfilm „Diego“ – entstanden in der 3sat-Reihe “Ab 18!”

Der Dokumentarfilm „Diego“ von Kristina Konrad entstand 2015 im Rahmen der 3sat-Reihe „Ab 18!“. Zu Beginn sehen wir den gleichnamigen Protagonisten durch die malerische Kulisse Oxfords streifen, auf dem Weg in sein Studentenappartement. Untermalt wird dies von einer nahezu träumerischen Musik. In seinem Appartement angekommen, wird der Zuschauer in das alltägliche Leben eines Oxfordstudenten eingeführt. Dass der Alltag dort nicht Party, sondern harte Arbeit und viel Lernen bedeutet, wird dem Rezipienten schnell bewusst. Zumal Diego nebenbei mit Freunden und Kommilitonen an einer Photosharing-App arbeitet, die kurz vor der Veröffentlichung steht.

Gespräche mit seinem Vater zeigen Diegos Orientierungslosigkeit. Soll er promovieren? Wird ihm überhaupt eine Promotion angeboten? Soll er eventuell auch eine ganz andere Richtung einschlagen? Ganz klar Fragen, die sich viele Jugendliche und junge Erwachsene in einer ähnlichen Weise stellen. Am Ende des Films sehen wir Diego in einem Ferien-Appartement in der Schweiz. In einem längeren Gespräch mit der Regisseurin erfährt der Zuschauer auch sehr persönliches über ihn, wie z.B. seine Einstellung zu Liebe und Beziehungen. Dabei wird eine Sehnsucht nach Kontrolle deutlich, die sicher viele Zuschauer teilen.

Dass das Leben als Student nicht immer einfach ist, können auch junge Menschen in Deutschland nachempfinden. Dennoch finde ich relativ wenig Parallelen zwischen Diegos und meinem Leben, woraus resultiert, dass gezeigte Thematiken mich wenig ansprechen und schwer nachvollziehbar sind. Wir tauchen während des Films auch nicht weiter in Diegos Gefühlswelt ein. Diego scheint zu funktionieren wie eine Maschine, wie es von ihm von seinem Umfeld erwartet wird. Lediglich in der Balkonszene, in der er über Liebe spricht, können wir in das Denken und Fühlen des jungen Mannes eindringen.

Gut gefallen hingegen hat mir, dass Kristina Konrad es geschafft hat, ohne viele Worte eine verständliche Geschichte zu erzählen. Es ist nicht notwendig, dem Zuschauer explizit zu zeigen, worum es geht, denn aus dem Kontext wird vieles deutlich, beziehungsweise auf das Wesentliche reduziert. Insgesamt ein Dokumentarfilm, der an einigen Punkten zunächst konfus wirkt, jedoch am Ende ein verständliches Ganzes bildet.