Ein Wochenende und ein doppeltes Wagnis: Die doku.klasse diskutiert mit Rosa Hannah Ziegler über ihr Projekt „Was sagt mir Eleonore?“.
Nach A Girl’s Day, dem ersten Film von Rosa Hannah Ziegler mit Yasmin, brach die damals 19-Jährige den Kontakt mit ihrer drogenkranken Mutter ab. Drei Jahre ist das her. Mittlerweile reden Tochter und Mutter wieder miteinander und treffen in Was sagt mir Eleonore direkt aufeinander. Eine Herausforderung für alle Beteiligten. Obwohl sie nicht sichtbar werde, erzählt Rosa Hannah Ziegler im Workshop, sei sie trotzdem ein aktiver Part. „Ich habe die Erlaubnis, in das Gespräch einzugreifen, es zu lenken und durch Fragen vielleicht auch zu provozieren.“ Das geplante Wochenende steht unter der Überschrift: Kann man sich von der Vergangenheit erholen? Ist sie heilbar? Auf Yasmin und Eleonore wartet ein emotionales Wagnis mit offenem Ausgang.
Doch ob es dazu überhaupt kommt, wird sich zeigen. Dies ist das Wagnis der Regisseurin. Ihr Plan B für den Fall, dass die Mutter doch nicht gefilmt werden will? Mehr Raum für Yasmin und ihre Erwartungen und Erinnerungen. „Sie ist eine starke Protagonistin und dadurch eine große Sicherheit für den Film.“
In der Klasse gibt es Stimmen, die sagen, sie würden bei einer Begegnung, wie du sie zwischen Yasmin und ihrer Mutter planst, keine Kamera dabei haben wollen. Das wäre ihnen zu privat. Hat dich das überrascht?
Das hat mich nicht überrascht, da es ja wirklich ein sehr privater Moment ist. Aber gerade dieser Moment interessiert mich, das ist mein Ausgangspunkt. Und dann auch natürlich die Überlegung, wie man so einen Moment auf Augenhöhe mit den Protagonisten filmisch darstellen kann für ein Publikum, ohne die Protagonisten vorzuführen oder bloßzustellen. Es ist sicherlich eine sehr emotionale, existenzielle Situation, in der Mutter und Tochter aufeinandertreffen. Und es ist, wie gesagt, auch sehr privat. Im Gegensatz dazu steht das Öffentliche. Der Dualismus von Öffentlichkeit und Privatheit ist etwas sich gegenseitig Bedingendes, einander Durchdringendes. Und der Dokumentarfilm benutzt in dem Fall diese Privatheit, um Erkenntnisse zu vermitteln. Versucht, da etwas zu transformieren, wenn es glückt. Dieser Moment soll Fragen aufwerfen. Nicht nur grundsätzlich zum Thema des Films selbst, sondern auch beim Zuschauer, da diese Situation viele universelle Themen in sich birgt, die uns alle betreffen.
Wie ist es für dich, in der doku.klasse mit jungen Menschen über deinen Stoff zu diskutieren?
Für mich ist es sehr spannend, da ich bei den Jugendlichen ein sehr großes Interesse an dem Stoff spüre, es viele Fragen und Anregungen gibt. Das hat mich bestätigt in der Idee einer Fortsetzung mit der Protagonistin. Auch wenn es ein Wagnis ist, da ja noch nicht klar ist, ob es dann wirklich zu einem Treffen zwischen der Protagonistin und Mutter kommen wird.
Gibt es Beurteilungen oder Beobachtungen der Teilnehmer, die du besonders bemerkenswert findest?
Bemerkenswert find ich zu sehen, wie sich die Jugendlichen in die schwierige Welt der Protagonistin einfühlen können, obwohl die Workshopteilnehmer in komplett anderen Familienverhältnissen aufgewachsen sind. Auch darüber haben wir gesprochen. Wie macht man das dem Publikum nicht Vertraute vertraut? Und wie wichtig ist überhaupt Identifikation beim Film?
Könntest du dir vorstellen, mit der doku.klasse weiter an deinem Projekt zu arbeiten? Oder hältst du eine solche Form der Auseinandersetzung nur bis zu einem gewissen Stadium für praktikabel?
Im Stadium der Treatment-Finalisierung und Recherche halte ich es für sehr produktiv und anregend, sich über die Filmidee im Rahmen eines solchen Seminars auszutauschen, weil es das Ganze noch einmal öffnet. Die Perspektive von Außenstehenden kann einen gedanklich weiterbringen, eine andere Sicht ermöglichen. Ich möchte mit dem Film ja nicht nur ein erwachsenes Publikum erreichen, sondern gerade auch ein jüngeres, da es ja auch um eine jüngere Person geht.
Ich könnte mir gut vorstellen, auch eine Feinschnittsichtung mit der doku.klasse zu machen, um so auch über die Wirkung des Schnitts und der finalen Narration zu sprechen. In der Schnittphase ist man ja als Regisseurin oft sehr mit dem Material verhaftet. Und ein Blick von nicht am Produktionsprozess Beteiligter, also ein Blick von außen, kann da hilfreich sein.