Sich treu bleiben unter einem schönen Wolkenhimmel: Die doku.klasse diskutiert mit Kilian Helmbrecht sein Projekt „Einmannland“.
Der Pool an Aufnahmen ist riesig. 120 Stunden Material hat Kilian Helmbrecht während seines Aufenthalts auf der unbewohnten Nordseeinsel Scharhörn gesammelt. „Die Frage, die sich für mich stellt, ist weniger, was noch fehlt, sondern mehr, auf welche Art gestalte ich das, was da ist.“ Wichtig sei es ihm, erzählt Helmbrecht im Workshop, dass der Zuschauer mehr als nur eine Vorstellung davon bekäme, wie es ist, draußen zu sein. Er wolle dieses Draußen-Gefühl spürbar machen.
Die Klasse zeigt sich beeindruckt von der Erfahrung der Einsamkeit und Entschleunigung, die der Regisseur gemacht hat und in seinem Projekt schildert. Sie weckt bei manchen Teilnehmern Nacht-Assoziationen: Ein geschützter Raum nur für sich, gedimmtes Licht, die Gedanken mit einem anderen Flow und Fokus als am Tag. Kilian Helmbrecht beschreibt dieses Grundgefühl, das in Einmannland steckt, mit dem Ende einer langen Clubnacht: „Man kommt raus und denkt sich: Wow, was für ein schöner Wolkenhimmel. Und dann: Wieso muss man erst Stunden in einem stickigen Club verbringen, um diese Schönheit zu erkennen?“
Die Workshopteilnehmer scheinen die Stimmung, die du mit deinem Film
vermitteln möchtest, intuitiv nachvollziehen zu können. Ihr liegt da auf einer Wellenlänge. Hat das auch damit zu tun, dass ihr in einem ähnlichen Alter seid?
Es stimmt, dass wir altersmäßig nahe beieinander sind. Ich bin 23 und der älteste Teilnehmer der doku.klasse ist 20. Da gibt es viel Verbindendes. Drei und mehr Jahre machen aber auch schon einen deutlichen Unterschied. Die Frage nach dem ganz großen Wo-will-ich-hin-im-Leben drängt sich weniger auf. Auch im Film geht es nicht ganz plakativ um eine Suche nach mir selbst, sondern um eine subtilere Form der Selbsterfahrung. Da ist es sehr spannend zu sehen, dass dieses Stück Authentizität ein entscheidender Faktor ist, um Interesse zu wecken. Ich habe auf jeden Fall sehr davon profitiert, mich über das Projekt mit Leuten auszutauschen, die sich außerhalb des Kreises befinden, mit dem ich das normalweise tue. Also mit Freunden, bei denen die gemeinsame Schnittmenge klar ist. Oder mit Produktionsbeteiligten.
Was konntest du aus den Gesprächen direkt für dich herausziehen?
Ganz konkret ist da der Punkt, welche Texte ich wie im Film einbinde. Es gibt dazu im Workshop keine einheitliche Stimme. Die einen finden die Briefe total schön, andere können mit ihnen wenig anfangen und sind dafür, sie anders einzubinden oder ganz rauszulassen – je nachdem, ob den Teilnehmern ein mehr essayistischer oder „normaler“ Film vorschwebt. Für mich heißt das, dass ich mich mit diesem Thema noch einmal grundsätzlich beschäftigen muss, um eine Lösung zu finden, die idealerweise meinen Vorstellungen entspricht und dazu noch beide Parteien zufriedenstellt. Dabei gefällt mir sehr gut, dass die Teilnehmenden ziemlich straight das gesagt haben, was in dem Moment ihre unverstellte Meinung war. Das habe ich abschließend genutzt, um sie nach ihren Ratschlägen für die weitere Arbeit am Film zu fragen.
Wie lauten sie?
Erstens: Bleib dir und dem Thema des Films treu und lass dir nicht von einem forcierten Storytelling und etwas im Nachhinein Gescripteten den Blick vernebeln. Und zweitens: Lass dir helfen und hol dir die Meinung von anderen Menschen. Lass sie hinterfragen, was du vorhast – was ich jetzt in der doku.klasse getan habe.