Die einen lesen im Urlaub Bücher, die doku.klasse bevorzugt Stoffe: Für die diesjährige Auswahl warfen sieben TeilnehmerInnen einen kritischen Blick auf die Shortlist der Bewerbungen. Vier Projekte standen in der Endrunde zur Auswahl und, das geben wir gerne zu, wir haben es den Jugendlichen nicht leicht gemacht.
Als Protokollant der Gespräche mit an Board: unser diesjähriger Praktikant Finn – jung, begabt und filmaffin. Seinen Eindruck der ersten Begegnung mit der doku.klasse hat er aufgeschrieben. So präzise, das wir diesen gerne teilen – und wünschen viel Vergnügen bei der Lektüre!
Von Finn Schenkin
Gute Entscheidungen zu fällen ist nicht einfach – erst recht nicht in einer Gruppe von sieben gänzlich verschiedenen Menschen. Wenn man dann aber über etwas entscheiden muss, das noch gar nicht existiert, wird es grenzwertig. Zum Glück kennt die doku.klasse in ihrer Diskussionsfreude keine Grenzen.
Und ohne eifrige Debatten ist das Ziel der sieben TeilnehmerInnen des doku.klasse-Workshops nicht zu schaffen: Die Auswahl von einer Dokumentarfilmidee.
In dieser Gattung wird nicht mit festen Drehbüchern gearbeitet, sondern mit Treatments. Diese verraten – ich spreche aus eigener Erfahrung – mal mehr mal weniger wie der fertige Film aussehen wird. Sie geben eine grobe Idee über das Thema, den ProtagonistInnen und wie dies filmisch festgehalten werden soll.
Es standen vier Stoffe von verschiedenen Regisseurinnen zur Auswahl, die zuvor von den jungen FilmexpertInnen gelesen wurden. Die Themen sind grundverschieden und reichen von vietnamesischen Dorfriten über Aktivismus in Kriegsgebieten bis hin zum Alltag von Geflüchteten in Deutschland.
Doch nicht nur die Szenarien spielten im Diskurs eine Rolle, sondern auch die politische Relevanz, die angestrebte Filmästhetik und die Einflussnahme der Regie auf das Geschehen. So wurden im kleinen Seminarraum große Diskussionen entfacht, in denen sich verschiedene Meinungen spiegelten:
„Schön, dass es ein detailliertes Exposé ist“ – „Zu durchgeplant“.
„Das sind tolle Kontraste“ – „Sind die denn überhaupt groß genug?“.
„Eine große Themenvielfalt“ – „Es wirkt zu überladen“.
Diese Aufzählung könnte ich noch lange weiterführen (ich habe schließlich das Protokoll geschrieben), aber eins wird bereits klar: Es wurde nicht langweilig.
Besonders spannend war die Endabstimmung. Wobei der erste zu vergebene Platz erstaunlicherweise mit klarer Mehrheit entschieden wurde. Als ich schon – verwundert über diesen ungewohnten Einklang – meinen Stift zur Seite legte, nahm das Gespräch bei der Vergabe der weiteren Plätze im Ranking der übrigen drei Einreichungen wieder Fahrt auf. Wollte man eher einen kunstästhetischen exotischen Film oder eine politisch und gesellschaftlich relevante Produktion in Duisburg diskutieren?
Am Ende des Tages wirken die Leiterinnen des Workshops zufrieden, die Münder der TeilnehmerInnen ausgetrocknet, meine Hand kribbelt vom Mitschreiben und das Catering ist aufgebraucht. Und dabei geht es jetzt erst richtig los: Zwei FilmemacherInnen werden nach Duisburg eingeladen, um den Stoff und ihre Arbeit den Jugendlichen vorzustellen.
Die doku.klasse freut sich drauf!