Atelier

Die doku.klasse 2018 – Hunger auf Mehr

Die Ferienzeit neigt sich dem Ende zu – für die doku.klasse kein Grund zur Traurigkeit. Im Gegenteil: Frisch gestärkt aus der Sommerpause zurück haben sich sieben TeilnehmerInnen intensiv mit einer Shortlist der diesjährigen Bewerbungen beschäftigt. Wieder fiel die Entscheidung – trotz ausreichender Nervennahrung – nicht leicht. Unsere Praktikantin Linda hat den Auswahlprozess schriftlich festgehalten.

Von Linda Teutrine

Vier Stoffe, sieben TeilnehmerInnen, eine Entscheidung: die doku.klasse bei der Arbeit. Aus einer Shortlist aller Einreichungen muss ein Projekt ausgewählt werden. Als Diskussionsgrundlage dienen Treatments, in denen die Filmideen der FilmemacherInnen vorgestellt werden. Die Texte lassen erahnen, wie der fertige Film aussehen soll.

Verschieden ausführlich werden Inhalt, die ProtagonistInnen und die beabsichtige Gestaltungsform beschrieben. Teilweise sind sogar schon Bilder oder filmisches Material vorhanden. Die doku.klasse hat nun die schwierige Aufgabe, zu entscheiden, welches Projekt ausgewählt und für einen Workshop nach Duisburg eingeladen wird. Dort wird der Stoff von den jeweiligen AutorInnen ausführlicher vorgestellt und im Anschluss mit der doku.klasse besprochen. 

Die diesjährigen Einreichungen sind ein gefundenes Fressen für die jungen FilmliebhaberInnen – und alle haben Heißhunger! Das Catering wird, ganz ungewohnt, zunächst links liegen gelassen. Materialclips und Arbeitsproben dienen als Appetithäppchen, die einzelnen Filmausschnitte werden genüsslich verschlungen.

Anschließend sind alle Augen gespannt auf die Treatments gerichtet. Schnell, aber gründlich fliegen sie über das Papier. Hier und da werden sich eifrig Notizen gemacht, die Geräuschkulisse ist dominiert von kratzenden Kugelschreibern auf Papier und dem Knistern von angespannt umgeblätterten Seiten.

Die vier Projektideen, die von den jungen FilmexpertInnen gelesen werden, unterscheiden sich thematisch und ästhetisch voneinander. Mal geht es um Freiheit und Selbstfindung, mal um selbstgewählte Isolation. Einer der Protagonisten versucht sich mit politischer Popmusik Gehör zu verschaffen, während eine junge Frau damit ringt, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen.

Nachdem alle Stoffe eingängig inspiziert wurden, folgt eine intensive Diskussion. So verschieden die Treatments, so gespalten die Eindrücke der TeilnehmerInnen. Wie soll man da eine einzige Idee auswählen? Über Zimtstrudel und Schokobrötchen hinweg entfachen mehrere leidenschaftlich geführte Gespräche. Heitere Blicke folgen kritisch gekräuselten Augenbrauen. Nicht nur die einzelnen Inhalte werden detailliert unter die Lupe genommen, es werden zudem Fragen zur Atmosphäre und Produktion gestellt.

Aber eignet sich die Filmidee auch für eine Diskussion mit den RegisseurInnen innerhalb der Workshops? Darf ein Film polarisieren — soll er das vielleicht sogar? „Ist es nicht gerade gut, dass etwas Unangenehmes dargestellt wird?“ fragt sich eine doku.klasse-Teilnehmerin. Liegt der Wert in der Qual? Muss ein Dokumentarfilm informativ sein, alles erzählen oder darf er bewusst Lücken lassen? Obwohl es sich bei einigen in der Runde um „alte Hasen“ handelt, fällt es ihnen nicht leicht, diese Fragen eindeutig zu beantworten.

Am Ende des Tages, das Buffet ist noch immer nicht leer, werden Stoffe schweren Herzens verworfen, andere bleiben im Rennen. Nach einer finalen Runde steht eine Entscheidung, das Ergebnis ist denkbar knapp. Erwartungsvolle Gesichter oder sind es Blicke der Erleichterung? Die Tafel ist gedeckt, das Menü bestellt, der Hauptgang wird im Oktober serviert: die doku.klasse bittet zu Tisch!