Zahlreiche Stoffvorschläge mit Themen unterschiedlichster Art haben uns für diese dritte Auflage der doku.klasse wieder erreicht. Die überzeugenden Projektideen der diesjährigen Stipendiaten findet ihr hier in der Kurzfassung.
STRESS | Florian Baron
„Wir haben das Land aufgebaut. Wir verteidigen das Land. Wir sind die Working Class.“
Der Krieg ist nie vorbei. Auch lange nach ihrem Einsatz in Afghanistan oder im Irak leiden die jungen US-Soldaten an den Folgen. Nicht nur körperliche Verletzungen hindern sie daran, wieder im Frieden anzukommen und ein geregeltes Leben zu führen. Oft wiegen die mentalen und emotionalen Wunden schwerer. Es ist ein Stress, der keine Pause macht und für die Außenwelt unsichtbar bleibt: Post-traumatic Stress Disorder (PTSD). „Manchmal wünschte ich mir, sie hätten mir die Arme, Beine oder das Gesicht weggeschossen, damit jeder sehen kann, dass mit mir etwas nicht stimmt“, sagt Joe. Er kommt aus einem der Arbeiterviertel in Pittsburgh, wo viele ihr Auskommen bei der US-Army suchen. Die Working Class zieht für die Nation in den Krieg und kehrt arbeitsunfähig zurück. Mit gezielten Ästhetisierungen fügt der Film Abweichungen in die Normalität ein und macht das innere Empfinden der Soldaten damit sichtbar.
Was sagt mir Eleonore? | Rosa Hannah Ziegler
„Ich glaube an die Hoffnung.“
2013 brach Yasmin den Kontakt zu ihrer Mutter Eleonore ab. 19 war sie damals und versuchte, sich in ihrem neuen Leben in einer niedersächsischen Kleinstadt einzurichten, zwei Autostunden von ihrem Heimatort entfernt, wo sie ihre Kindheit verbrachte. Und wo sie oft ganze Tage mit ihrem Bruder allein in der Wohnung saß, während ihre Mutter draußen auf der Suche nach Drogen war. Die Erinnerung an diese Zeit sitzt immer noch tief. In ihren Texten und Gedichten hat Yasmin einen Anker gefunden. Sie sind künstlerischer Ausdruck und persönliche Selbstvergewisserung zugleich. „Ich vergesse oft, dass das wirklich mein Leben war, dass ich das bin, die damit leben muss.“ Nach drei Jahren Funkstille hat sich die Mutter bei Yasmin wieder gemeldet. Seitdem telefonieren sie nachts häufig stundenlang miteinander, die Vorzeichen für ein persönliches Treffen stehen gut. Yasmin knüpft große Hoffnungen an ein Wiedersehen. Doch genauso groß ist ihre Angst, wieder enttäuscht zu werden.
Einmannland | Kilian Helmbrecht
„Wir laufen umher mit einem Ziel im Kopf auf der Suche nach Etwas“
Kilian ist Anfang 20 und hat eine Stelle als Vogelwart auf einer unbewohnten Nordseeinsel angenommen. Der Zufall hat ihn dorthin verschlagen und die Suche nach einem ganz bestimmten Gefühl hält ihn dort fest. Den Rhythmus des Alltags gibt die Insel vor. Kilian zählt die Vögel und ortet ihre Brutplätze, hackt Strandholz und bestellt Lebensmittel, liegt auf dem Dach seines Wohncontainers und genießt das Gefühl des „Im-Moment-Seins“. Er sammelt seine Erlebnisse in einem filmischen Tagebuch und beschreibt seine Gedanken: „Zwischen Stativ-Tragen und Kartieren finde ich hier ständig Dinge, die ich nie suchte.“ Zeitlose Schätze – und verschiedensten Müll, der angeschwemmt wird und das Ökosystem der Insel angreift. Er ist Zeugnis der Zivilisation, in die Kilian irgendwann zurückkehren wird. Mit jedem Tag, der vergeht, kommen mehr und mehr Fragen zum Leben danach: Wie wird er zukünftig leben? Und wie kann er sich das besondere Inselgefühl bewahren?